Das Mate 10 Pro ist ein cleveres Smartphone

Huawei stellt in München das Mate 10 Pro vor. Es glänzt mit einer prächtigen Display-Front und einer Leica-Dual-Kamera, aber es will seine Konkurrenten vor allem mit Köpfchen übertrumpfen.

Die Aufholjagd scheint zu Ende zu sein, jetzt wechselt Huawei auf die Überholspur. Ob es schon an Apple und Samsung  vorbeiziehen kann, muss sich noch zeigen, aber das in München vorgestellte Mate 10 Pro ist für das Galaxy Note 8 und das iPhone 8 auf jeden Fall ein Gegner auf Augenhöhe. Vielleicht kann der chinesische Herausforderer sogar dem iPhone X gefährlich werden, das sich so langsam auf den Weg zu den Startlöchern macht.

Prächtiges, aber vernünftiges Display

Die Vorderseite des Mate 10 Pro, das das erste nach IP67 wasserdichte Huawei-Smartphone ist, wird von einem 6 Zoll großen AMOLED-Display im 2:1-Format dominiert. „Rahmenlos“ ist sicher übertrieben, aber die Bildschirmumrandung ist bis auf breitere Streifen oben und unten schon sehr knapp bemessen. So ist das 178 Gramm schwere Gerät trotz des großen Bildschirms mit 74,5 x 154,2 x 7,9 Millimetern noch recht handlich.

Mit 2160 x 1080 Pixel bietet das Display eine hohe Auflösung, Huawei verzichtet aber darauf, wie die Konkurrenten QHD ins Datenblatt schreiben zu können. Das ist vermutlich sehr schlau, denn mit 442 ppi Pixeldichte ist der Bildschirm mehr als scharf genug und kann auch HDR10-Inhalte darstellen. Außerdem senkt eine geringere Auflösung den Stromverbrauch, wodurch das Mate 10 Pro mit einem mächtigen 4000-Milliamperestunden-Akku wie seine Vorgänger ein Dauerläufer sein dürfte. Induktiv laden kann man die Batterie trotz gläserner Rückseite nicht. Den Platz dafür habe man lieber in die Kapazität investiert, so ein Huawei-Mitarbeiter. Wird der Strom knapp, soll der Akku in 30 Minuten wieder mehr als halb voll sein. Durch die Glasrückseite soll das Gerät auch einen besseren Empfang als ein Smartphone mit Metall-Hülle haben, was die Batterie ebenfalls entlastet.

Die NPU macht den Unterschied

Auf der Rückseite sitzt in vertikaler Anordnung wieder eine zusammen mit Leica entwickelte Doppelkamera mit optischer Bildstabilisierung (OIS), die nochmal ein gutes Stückchen besser als beim Mate 9 sein soll. Ein 12-Megapixel-RGB-Sensor liefert die Farben, ein monochromer Sensor mit 20 Megapixeln die Detailinformationen. Beide Blenden sind mit f/1.6 außergewöhnlich lichtstark. Unter anderem soll die Dual-Knipse schneller fokussieren und bei schwachem Licht weniger Bildrauschen verursachen.

Eine wichtige Rolle spielt bei der Kamera auch der neue Chip Kirin 970, der auf stolze 6 Gigabyte Arbeitsspeicher zugreifen kann. Er soll nicht nur deutlich schneller und sparsamer als sein Vorgänger sein. Er hat einen sogenannten neuronalen Prozessor (NPU) integriert, der maschinelles Lernen beherrscht. Die „Künstliche Intelligenz“ kann trainiert werden und so viele Dinge schneller und effizienter erledigen als herkömmliche CPUs und Grafikprozessoren. So hat Huawei seine NPU mit mehr als 100 Millionen Fotos gefüttert, um die Bilderkennung zu optimieren. Unter anderem kann die Kamera mit dieser Unterstützung Szenen in Echtzeit erkennen und die Einstellungen automatisch anpassen. Visiert man beispielsweise ein Gesicht an, geht das Mate 10 Pro in den Porträtmodus, schwenkt man auf die Grünanlage dahinter, wird auf dem Display ein Blatt angezeigt. Bei der 8-Megapixel-Frontkamera soll die intelligente Bilderkennung vor allem bei Gruppen-Selfies bessere Ergebnisse liefern.

Das Android-8-Smartphone setzt seine „Künstliche Intelligenz“ auch für eine schnelle Spracherkennung ein. Außerdem wird das Nutzerverhalten analysiert, um vorausschauend Ressourcen zu verteilen oder kontextbasierte Funktionen und Informationen bereitzustellen. Das alles soll so weit wie möglich ohne Cloud-Anbindung nur im Chip geschehen. Huawei betont, das keine Daten ohne Erlaubnis des Nutzers das Gerät verlassen. Was mit der NPU noch alles möglich ist, wird sich noch zeigen, Huawei gibt Entwicklern für deren Apps Zugriff auf die Fähigkeiten des schlauen Prozessors. Erstes Beispiel ist Microsofts Übersetzer-App, die mit NPU-Unterstützung um 300 Prozent schneller arbeiten soll.

Fetter Speicher, stolzer Preis

Wie Samsungs neue Galaxy-Flaggschiffe kann auch das Mate 10 Pro in einen Ersatz-PC verwandelt werden. Huawei hat aber einen Weg gefunden, bei dem kein zusätzliches Dock gekauft werden muss. Für den Anschluss genügt eine Kabelverbindung zu einem Fernseher oder Monitor. Das Handy kann als Tastatur und Maus dienen, bleibt während des PC-Betriebs aber selbstständig.

Das Huawei Mate 10 Pro kommt mit satten 128 Gigabyte internen Speicher, was es verschmerzbar macht, dass kein Einschub für microSD-Karten an Bord ist. Stattdessen haben Nutzer die Möglichkeit eine zweite SIM-Karte einzustecken. In den Farben Mitternachtblau oder Mokkabraun kostet das Gerät rund 800 Euro, Huawei ist also auch preislich Samsung und Apple auf den Fersen. Wer ein wenig abwartet, sollte das Mate 10 Pro aber schon bald deutlich günstiger kaufen können.

Neben der Pro-Version kommt das Mate 10 auch in einer Porsche-Design-Edition sowie als deutlich günstigeres Mate 10 Lite. Die abgespeckte Version hat auch ein 18:9-Display mit 5,9 Zoll Diagonale und gleich zwei Dual-Kameras, ein Doppel vorne und eines hinten. Im Lite stecken ein etwas schwächerer Kirin-659-Prozessor, 4 statt 6 Gigabyte Arbeitsspeicher und ein etwas kleinerer Akku (3340 mAh). Das Mate 10 Lite geht im November für 399 Euro in den Verkauf.